Adventszeit - 1. Sonntag im Advent
Bögen - Klosterkirche Lippoldsberg
Das neue Kirchenjahr beginnt mit einem ruhigen Vorspiel: der Wartezeit des Advents. Advent heißt Ankunft. Als Christen erwarten wir nicht mehr die Geburt Jesu, sondern seine Wiederkehr am Ende der Zeit und die Ankunft des Reiches Gottes. Der Advent setzt insofern die ernsten Zukunftsthemen fort, die auch die letzten Sonntage des Kirchenjahres bestimmen.
Aber die Adventszeit wird zu einer Drehtür zwischen Vergangenheit und Gegenwart, indem sie unser Warten auf die Wiederkehr Christi mit dem früheren Warten auf das Kommen des Messias verschmilzt. So wird der Advent auch eine Zeit erinnernder Vorbereitung auf die Geburt Jesu, auf Weihnachten.
Evangelium
Von der engen Pforte und der verschlossenen Tür (Lk 13,22-27)
Jesus ging durch Städte und Dörfer und lehrte
und nahm seinen Weg nach Jerusalem.
Es sprachen aber einige zu ihm:
Herr, meinst du, daß nur wenige selig werden?
Er aber sprach zu ihnen:
Ringt darum, daß ihr durch die enge Pforte hineingeht;
denn viele, das sage ich euch,
werden danach trachten, wie sie hineinkommen,
und werden's nicht können.
Und es werden kommen von Osten und von Westen,
von Norden und von Süden,
die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.
Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten sein,
und sind Erste, die werden die Letzten sein.
Interpretation
Die vier Adventssonntage sind so etwas wie Tore in der Zeit. Sie öffnen sich nur langsam, nach und nach. Sie halten uns hin. Das ist Ihre Aufgabe, es uns schwer zu machen. Sie fordern uns heraus, nachzudenken, nachzuspüren. Wir sollen bewusst und vorbereitet sein, wenn wir an Weihnachten die Ankunft Gottes in der Welt feiern.
Ohne diese Bereitung im Advent laufen wir Gefahr, das große Fest zu verpassen. Trotz - oder wegen dem Glanz der Weihnachtstage können wir das Entscheidende übersehen: das schlichte, kleine Kind - das Leben selbst. Die äußeren Feste wollen in uns etwas anstoßen, in uns etwas öffnen. Denn die Ankunft des Lebendigen kann nur in uns geschehen.
Gedanken
Gott wohnt, wo man ihn einlässt. Jüdisches Sprichwort
Lied
Macht hoch dir Tür (EG 1)
Adventsbogen - Klosterkirche Lippoldsberg
1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit; es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich,
der Heil und Leben mit sich bringt; derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer reich von Rat.
4. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, eu'r Herz zum Tempel zubereit'.
Die Zweiglein der Gottseligkeit steckt auf mit Andacht, Lust und Freud;
so kommt der König auch zu euch, ja, Heil und Leben mit zugleich.
Gelobet sei mein Gott, voll Rat, voll Tat, voll Gnad.
5. Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein; dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr, sei ewig Preis und Ehr.
Symbol
Tür
Macht hoch die Tür, das Tor ...
Türen gehören zum Advent. Der Haupttext des 1. Advents ist eigentlich die Geschichte, die auch am Palmsonntag die Heilige Woche eröffnet:
Der Einzug Jesu in Jerusalem. Dieses Bild von der Stadt der Menschen, die sich aufmacht, um Gott als ihren König einzuholen, prägt motivisch viele der Adventslieder.
Letztlich verbirgt sich in den Türen des Advents das noch ältere Motiv der "Paradiespforte". Die tief im Menschen wohnende Sehnsucht nach einer heilen, unerreichbaren Welt, die auf tragische Weise immer ungestillt bleibt, soll durch Jesus erfüllt werden:
"Heut schleußt er wieder auf die Tür
zum schönen Paradeis;
der Cherub steht nicht mehr dafür.
Gott sei Lob, Ehr und Preis." (EG 27).
Lied
O Heiland, reiß die Himmel auf (EG 7)
Doch so weit ist es noch nicht. Der Advent ist eine Zeit sehnsuchtsvoller Spannung, wie sie in dem großen Lied von Friedrich Spee zum Ausdruck kommt:
1. O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloß und Riegel für.
2. O Gott, ein' Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.
3. O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd, daß Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring.
Friedrich Spee
"Der Name der Rose" - Adson von Melk vor dem Kirchenportal
Gebet
Die O-Antiphonen
(dichten Einblick in die ursprünglichen Symbole des Advents gewährt diese Zusammenstellung von Rahmenversen)
O Weisheit, die ausgeht vom Munde des Höchsten,
du erfüllst das All und trägst es mit Kraft und Güte,
komm und lehre uns den Weg der Einsicht!
O Herr und Haupt des Hauses Israel,
du bist Mose erschienen im brennenden Dornbusch
und hast ihm das Gesetz gegeben auf dem Berg Sinai,
komm und erlöse uns mit starkem Arm!
O Wurzel Jesse, gesetzt zum Zeichen für die Völker,
vor dir verstummen die Mächtigen,
auf dich hoffen die Völker,
komm, uns zu befreien, säume nicht!
O Schlüssel Davids und Zepter des Hauses Israel,
du tust auf, und niemand schließt zu,
du schließt zu, und niemand tut auf,
komm und führe aus dem Gefängnis die Gefangenen,
die da sitzen in Finsternis und Schatten des Todes!
O Morgenstern, Glanz des ewigen Lichtes
und Sonne der Gerechtigkeit,
komm und erleuchte uns,
die wir sitzen in Finsternis und Schatten des Todes!
O König der Völker, auf den sie alle hoffen,
Grundstein, der die Entzweiten eint,
komm und rette die Menschen,
die du aus Erde gemacht hast!
O Immanuel, Gott mit uns,
König und Richter, den die Völker erwarten,
unser Heiland und Erlöser,
komm, uns zu retten, Herr, unser Gott.
Brauchtum
Adventskranz
Adventskranz
Klosterkirche Lippoldsberg
Schon immer haben sich Menschen wintertags grüne Zweige ins Haus geholt, um in der kalten, todesstarren Jahreszeit ein Zeichen des Lebens vor Augen haben. Vor allem die Türen wurden mit Tannengrün und Mistelzweigen behängt; so wollte man notbringende Kräfte des Winters vom Eindringen in die Häuser abhalten.
Im Adventskranz verbindet sich die Natursymbolik der Grünkraft mit der Lichtsymbolik des Christentums. Als Erfinder des Adventskranzes gilt Johann Hinrich Wichern, einer der Wegbereiter eines sozial engagierten Christentums im 19. Jahrhundert.
In dem von ihm gegründeten "Rauhen Haus", einem Asyl für Jugendliche, hielt Wichern seit 1839 im Advent sogenannte "Kerzenandachten". Dabei wurde auf einem großen Holzreifen jeden Abend eine neue Kerze entzündet, so dass am Weihnachtsfest der Saal von einem strahlenden Lichterkranz erhellt wurde. Etwa seit 1860 ging man dazu über, den Reifen mit Tannenreisern zu umwickeln. Von da ab begann sich der Brauch in der auf vier Kerzen beschränkten Form allmählich auszubreiten.
Brauchtum:
Adventskalender
Der Adventskalender richtet sich eigentlich nicht nach dem Kirchenjahr, sondern setzt mit dem 1. Dezember ein. Adventskalender entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus pädagogischen Gründen. Man wollte Kindern die Wartezeit dadurch erleichtern, dass man ihnen jeden Tag eine Kleinigkeit zu entdecken gab.
Ein Kinderspiel also - und zugleich eine Einübung ins Warten: Spannung aushalten. Ein Geheimnis wahren, bis es an der Zeit ist. Vorfreude auskosten. Nicht alle Türen auf einmal aufreißen, sondern die Lust an der Verzögerung entdecken.
So führt der Kalender auf spielerische Weise ein in das adventliche Prinzip des "schon jetzt und noch nicht". Wenn Kinder nach dem Aufstehen als Erstes das Türchen ihres Adventskalenders öffnen, beschäftigen sie sich unbewusst mit einem uralten Adventssymbol der Tür.
Für Erwachsene gewinnt der Advent neu an Bedeutung, wenn sie ihn als stille Zeit wiederentdecken und eine Gegenkultur zur hektischen Vorweihnachtszeit entwickeln. Eine Hilfe kann dabei der alternative Adventskalender "Der andere Advent" sein. Sinnvoll erscheint auch die neuere Aktion "Advent ist im Dezember".Weiterführende Gedanken
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