11. Sonntag nach Trinitatis
Demut
Die Sonntage nach Trinitatis überspannen die ganze Zeit des Sommers bis in den Herbst hinein. Weil diese Zeit früher stark von der Landarbeit bestimmt wurde, gibt es in ihr keine großen Festtraditionen. Daher sind die Trinitatissonntage thematisch nicht so sehr festgelegt.
Biblische Lesung
(Lk 18)
Jesus sagte zu einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und die verachteten andern, folgendes Gleichnis:
Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten,
der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
Der Pharisäer stand für sich und betete so:
Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin
wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher
oder auch wie dieser Zöllner.
Ich faste zweimal in der Woche
und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme.
Der Zöllner aber stand ferne,
wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel,
sondern schlug an seine Brust und sprach:
Gott, sei mir Sünder gnädig!
Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener.
Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden;
und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Nachfrage
Zoellner und Pharisäer
Was ist denn nun eigentlich aus dem Zöllner geworden?
Ein zerknirschter Pharisäer.
Und der Pharisäer, was wurde der?
Das, was er im Ansatz
immer schon war:
Ein gerissener Zöllner.
Und Christus, was wurde aus dem?
Was er immer noch ist: Ein zu kurz Verstandener.
Jürgen Rennert: Dialog mit der Bibel. Stuttgart 1986, S.126
Interpretation
Das kleine Wort Demut steht für eine Haltung, die unter uns weitgehend verschwunden scheint. Sicher ist ein Grund für das Schwinden, das wir meist ein Zerrbild christlicher Demut vor Augen haben: eine unattraktive, irgendwie verschüchtert, verkrampfte, verbogene, geknickte Lebenshaltung. Der andere Grund ist, dass tatsächliche Demut schwer ist und Kraft erfordert.
Nicht umsonst steckt in dem Wort das Wort "Mut". Freilich ist das nicht der Heldenmut, mit dem man der Welt seinen Willen aufzwingt. Sondern der größere Mut, den man braucht, um ohne waffenstarrenden Schutz das Leben zu bestehen.
Mit erhobenem Haupt sich auch den schwierigen, schmerzhaften, widrigen Erfahrungen des Lebens zu öffnen - das könnte das eigentliche Wesen der Demut zu sein.
Gedanken
Gott widersteht den Hochmütigen,
aber den Demütigen gibt er Gnade. 1.Petr 5,5
Christen sind nicht bessere Menschen,
sie sind nur besser dran. Waldemar Rumpf
Gebet
Gott, du Quelle allen Lebens,
lass deine Kraft in unser Leben fließen.
Mach uns fähig, uns selbst anzunehmen
mit unseren Gaben und unserem Versagen;
und mach uns gelassen
gegenüber den Vorzügen und Fehlern anderer Menschen.
Peter Horst
Lied
Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr (EG 382)
1. Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;
fremd wie dein Name sind mir deine Wege.
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott;
mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.
2. Von Zweifeln ist mein Leben übermannt,
mein Unvermögen hält mich ganz gefangen.
Hast du mit Namen mich in deine Hand,
in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben?
Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land?
Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?
3. Sprich du das Wort, das tröstet und befreit
und das mich führt in deinen großen Frieden.
Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt,
und lass mich unter deinen Kindern leben.
Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst.
Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.
Huub Oosterhuis 1969 / Lothar Zenetti 1974
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