Lautmalerey als zeitlose Raumerfahrung
Begleitendes Konzertprojekt zur aktuellen Ausstellung
(Bericht der HNA vom 15. Juli 15 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Gleichmäßiges Ticken empfing die Besucher in der Klosterkirche, als hielte man sein Ohr an die große mechanische Turmuhr, die in Lippoldsberg die Zeit angibt. Obwohl man also hören konnte, wie die Sekunden bis zum Konzertbeginn vergingen, verlor sich jegliches Zeitempfinden in dem Moment, in dem die Musiker zum ersten Stück ansetzen, einer beschwingten irischen Melodie, der die barocken Instrumente einen klassischen Hauch verliehen.
Lauten, Barockgitarren, Gambe, Flöte und eine große Bandbreite von Percussionelementen mischten sich mit ihren zumeist zarten, filigranen Klangfarben. Es folgten weitere Stücke irischer und englischer Herkunft, aber auch Eigenkompositionen.
Eine davon orientierte sich an geometrischen Ornamenten einer Kirchenruine in Suffolk, die Elgnowski auf die Leinwand bannte. Das Bild ließ die Steine von Rhythmus und Takt erzählen. Besonders deutlich wurde die enge Verbindung durch eine vergrößerte Darstellung des Bildes in der Kuppel der Klosterkirche.
Das Ensemble fand sich erstmalig vor einigen Monaten zusammen, angeregt von Tilman Elgnowski, als er im Rahmen der Luther-Dekade ein von der Landeskirche gefördertes Ausstellungsprojekt ins Auge fasste. Seine Gemälde zeigen häufig historische Instrumente in altehrwürdigen Gemäuern.
Was lag da näher, als die Musik auch lebendig werden zu lassen. Elgnowski konnte seinen ehemaligen Nachbarn Giso Grimm (Gambe) und seinen Lautenlehrer Andreas Düker für eine CD-Aufnahme in der einmaligen Akustik der Basilika gewinnen. Düker brachte weitere Musiker mit: Elke Düker (Flöten) und Job Verweijlen (Percussion).
Bei Solostücken wurden noch einmal die besonderen Klangqualitäten von Laute, Flöte und Gambe hervorgehoben, deren warme Klangfarben das Publikum verzauberten.
Auch der Percussionist stellte ein ungewöhnliches Instrument vor: speziell angefertigte Glocken in zwei verschiedenen Stimmungen. Eine Reihe basierte auf der jüdischen Gebetstonleiter, eine andere auf einer arabischen Molltonleiter. Beides verwob sich zu einem friedvollen Klangexperiment, das der Musiker "Bells of Peace" nennt.
Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Juli täglich von 14-17 Uhr geöffnet, dort kann man auch die frisch gepressten CDs bekommen. Um 20 Uhr ist zur Finissage eingeladen mit Klangsteinmusik von Olaf Pyras (Eintritt Spende)
Über die Ausstellung
Tilman Elgowski
"Es gibt kein Ende, denn es gibt immer neue Gedanken zu erreichen und das Wichtige ist, diese Gedanken oder Gefühle und die Klänge zu vereinfachen und zu läutern, damit wir dann klarer sehen können, was wir tun und wer wir sind!"
John Coltrane
Musik gilt als die eigentliche ars divina, die göttliche Kunst. Weil sie an die Dimension der Zeit gebunden bleibt und sich nicht im Sichtbaren manifestiert.
Ihre "Vergänglichkeit" ist kein Makel, sondern verleiht ihr gerade jene Beweglichkeit und Wandlungsfähigkeit, die allem Leben - und auch dem lebendigen Gott - entspricht.
Bei der CD-Produktion, die im Vorfeld enstand, wurde viel Wert darauf gelegt, den Raumklang und auch die Eigengeräusche der Basilika einzufangen und hörbar werden zu lassen.
Tilman Elgnowski
"Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin." Paulus
In seinen Musikstilleben versucht Tilman Elgnowski Klang und sichtbare Gestalt zusammenzuführen. Er lenkt den Blick auf die faszinierenden Formen alter Musikinstrumente, die mehr sind als nur Gebrauchsgegenstände. Die meisterlichen Instrumentenbauer haben stets auch etwas von der Harmonie der Musik in ihre Werkstücke eingewoben.
Tilman Elgnowski
Elgnowski malt Klangkörper - und hat dabei nicht nur die Musikinstrumente, sondern auch deren Umfeld im Blick: historische Gemäuer, die Töne aufnehmen, verstärken, nachhallen lassen, weiterspielen... Der Ausstellungsort in der Basilika von Lippoldsberg ist daher mit Bedacht gewählt.
Elgnowskis Bilder bewirken eine Schärfung der Sinne. Sie laden ein zum genauen Hinsehen und verleiten zum Lauschen auf die gefüllte Stille des Ortes, die sich gerade Einzelbesuchern abseits der Veranstaltungen mitteilt.
Und - die Ausstellung führt sie an Orte, die sonst nicht zugänglich sind und im Zuge dieses Projekts erstmals erschlossen werden.
Über Tilman Elgnowski
Tilman Elgnowski ist Lehrer, Maler und Musiker. Seit über 20 Jahren hat er sich mit dem sichtbaren, syn-ästhetischen Erleben von Musik beschäftigt.
Elgnowski stammt aus Kirchenmusiker-Haus und findet in "alten Instrumenten" seine Inspiration. So setzt er Laute, Renaissance-Gitarre, Barockgitarre, Vihuela und ihnen verwandte Instrumente in Szene und malt sie; oft in sakralen Innenräumen, die dann gleichsam den angestammten - historischen - Klangraum mitliefern.
Der Künstler lebt in Nachbarschaft zur Klosterkirche in Lippoldsberg.
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