Arabischer Frühling in der Sprache der Musik
Der ägyptische Komponist Hossam Shaker gastierte in der Klosterkirche Lippoldsberg
(Bericht der HNA vom 17. Juni 2014 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Über dem Altar der Klosterkirche Lippoldsberg schwebten noch die roten Pfingstfahnen, die vom feurigen, energiegeladenen Geist dieses Festes erzählten.
Voller Energie schwebten auch Töne durch den großen Raum, meisterlich gezupft auf den Saiten der Kanun, einer orientalischen Kastenzither. Kraftvoll entfalteten sich die Klänge, unverkennbar geprägt von den Rhythmen und Harmonien der arabischen Welt und doch frei und selbstbestimmt, ein Stück arabischer Frühling in der Sprache der Musik.
Die Eigenkompositionen des Ägypters Hossam Shaker erzählten von der Hoffnung auf Frieden, Solidarität und Mitgefühl. Sie bestaunten die Schönheit der Schöpfung, fragten nach dem Sinn dieser verrückten Welt und nach der Sinnlosigkeit politischer Ränkespiele, nicht nur in Ägypten.
Ein Stück lud dazu ein, die Gedanken fliegen zu lassen, sich mitnehmen zu lassen auf diese Reise, die wir Leben nennen. Und genauso will Shaker seine Musik verstanden wissen, sie ist ein Angebot, gemeinsam in gegenseitigem Respekt ein Stück des Weges zu gehen.
Hossam Shaker zeigte sich als sensibler Musiker mit Herz und Seele, der sein Instrument faszinierend und virtuos zu spielen verstand. In seinem Konzert ging es aber nicht um die große Show, sondern darum, sich in die Klangwelt zu versenken und dort die Erzählungen der Seele zu entdecken.
So wie er als Musiker ganz vertieft mit geschlossen Augen seine Finger über die Saiten fliegen ließ, konnten auch die Zuhörer die meditative Stimmung aufnehmen und sich in eine neue, ungewohnte Hörerfahrung vertiefen.
Wer sich bewusst einlassen konnte auf die intensiven, schwingungsreichen Klänge, auf die ruhigen und dynamischen Bewegungen der Melodien, mag darin den Geist gespürt haben, der diese Welt zusammenhält.
Shaker überschritt mit seiner Musik die Grenzen zwischen den Kulturen und Religionen. Es war wohltuend zu hören, dass aus den arabischen Ländern nicht nur Nachrichten von Terror und lebensverachtender Fanatismus kommen, sondern auch der Glaube an das Gute im Menschen und an ein neues Licht.
Über den Musiker
Hossam Shaker ist Musiker, Komponist und Leiter des Instituts für Friedenskultur (UNESCO).
Geboren 1963 in Ismailia, aufgewachsen in Kairo, tritt er mit 14 Jahren in die Akademie der Künste in Kairo ein, um Musik zu studieren, speziell Kanun, die orientalische Zither.
Shaker, der in den 90er Jahren die in Ägypten legendäre Gruppe Ra7alla gründet und "Musiker des Jahres" wurde, gehört zu den weltbesten Kanunspielern. Er hat nicht nur seine eigene Spieltechnik entwickelt, sondern auch eine eigenständige Klangsprache, in der sich Elemente unterschiedlichster Musiktraditionen mischen: Jazz, World, Klassik, Orientale und Flamenco.
Nach dem Studium, das er 1989 mit Auszeichnung abschließt, unterrichtet er an den Kunstakademien in Kairo und Alexandria sowie an der Fakultät in Assiut. Er arbeitet eng mit den Opernhäusern in Kairo und Alexandria zusammen, gründet sein eigenes Institut für traditionelle Musikinstrumente, entwirft und baut Kanuns, organisiert große interkulturelle Festivals für Frieden und Völkerverständigung und wird dafür mit einem Ehrendoktor der UNESCO ausgezeichnet.
Als Komponist und Kanun-Virtuose reist er außerdem um die halbe Welt. Er spielt Konzerte in Opern- und Konzerthäusern, in Clubs und auf Festivals in Südamerika, Afrika, Asien und Europa und wurde mehrfach ausgezeichnet: U.a. mit dem jeweils ersten Preis beim Kathargo Festival in Tunesien und beim Babylon Festival im Irak, 1992 mit einer "Goldmedaille" beim Internationalen Musikfestival in Japan, 1993 wird er zum besten Kanunspieler des Nahen Ostens gewählt, im Jahr 2008 erhält er Auszeichnungen der Provinzregierung "Rotes Meer" und bekommt im Jahr darauf von der UNESCO die Ehrendoktorwürde verliehen.
Shaker hat viele eigene CDs veröffnet, u.a. "Journey of the Gipsy", "Inchallah", "Kanon Bazaar", aber auch an internationalen Produktionen mitgewirkt, z.B. 2008 bei "Blue Circle" vom deutschen Projekt "Musiker ohne Grenzen" und 2012 beim deutsch-ägyptischen Ensemble "Cairo Steps".
Seit November 2012 lebt und arbeitet Hossam Shaker in Nordhessen.
Homepage: www.hosane.org
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