Uralte Steine atmen Musik
Gregorianische Messe lud zu einem meditativen Abend in der Klosterkirche Lippoldsberg ein
(Bericht der HNA vom 12. August 2013 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Drei Tage lang konnten die uralten Steine der mittelalterlichen Basilika in Lippoldsberg die Musik atmen, für die sie einst erbaut wurden. Die Göttinger Choralschola "cantando praedicare" nutzte den Raum für eine CD-Aufnahme und bedankte sich zum Abschluss mit einem Konzert.
Ausgangspunkt war ein im Göttinger Stadtarchiv aufbewahrter Schatz, eine spätmittelalterliche Abschrift der St. Johannis-Missale. Sie enthält gotische Noten, "Neumen" genannt, deren Entschlüsselung besondere Kenntnis damaliger Singweise bedurfte.
Johanna Grüger, Gründerin und Leiterin der Schola hat sich seit Jahrzehnten in die Materie eingearbeitet und die alte Schrift in Verbindung mit Instrumentalmusik zu einem hörenswerten Werk vereint.
Pfarrer Trappe lud zu Beginn ein, die Aufführung nicht als Konzert oder Messe zu verstehen, sondern als musikalische Meditation. In weiße Kutten gehüllt verströmte die Gruppe von Laiensängern klösterliches Ambiente. Auch die einstimmigen Gesänge umwehten die Zuhörer in der gut gefüllten Kirche mit tiefer Ruhe.
Manchmal traten Solisten aus der Schola heraus und sangen bewegtere Phrasen. Die unbegleiteten Melodien auf der richtigen Höhe zu halten, braucht viel Übung und Konzentration, vor allem, wenn sie in einem Dialog mit der antwortenden Gruppe stehen. Das gelang den meisten Sängern recht gut, die große Stärke des Ensembles liegt aber im ausgezeichnet homogenen Chorgesang.
Johanna Grügers feines Dirigat gab dabei ganz andere Impulse, als man es von "normalen" Chören kennt. Statt Takten deutete sie vor allem die differenzierten Melodiebewegungen der vokalreichen lateinischen Sprache an.
Das Ensemble Aeolos übernahm die instrumentale Gestaltung der Passagen, in denen der Messe zufolge früher die Priester das Wort hatten. Mit historischen Blasinstrumenten, Schalmei, Alt-Pommer und einer barocken Tenor-Posaune, griffen Regine Häußler und Jens Bauer Melodien der Sänger auf und variierten sie in einfacher Mehrstimmigkeit nach Kompositionen von Ingo Voelkner, der selbst mitspielte.
Die positive Reaktion des Publikums machte deutlich, dass gregorianische Musik nicht ins Museum gehört, sondern als lebendige Geschichte noch immer Ohren und Herzen der Menschen erreicht.
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