Und Frieden geht doch...
Konzert mit Künstlern aus vier Religionen beim Kultursommer Nordhessen in der Klosterkirche Lippoldsberg gab Antwort auf drängende Fragen
(Bericht der HNA vom 20. Juli 2016 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Kultur, und ganz besonders Musik, überwindet spielend leicht Grenzen zwischen Nationen und Religionen. Davon konnten sich über 200 Zuhörer beim Konzert des Kultursommers Nordhessen in der Klosterkirche Lippoldsberg überzeugen.
Das vierköpfige Ensemble Noisten, das sich überwiegend der jüdischen Klezmermusik widmet, hat durch den hinduistischen Percussionisten Shan Devakuruparan bereits eine kongeniale Verschmelzung zweier Klangwelten erschaffen.
Für das Projekt "Klezmer trifft Derwisch trifft Meister Eckhart" gesellten sich auch noch Murat Cakmaz (Sufi-Gesang und Flöten) und der Derwisch-Tänzer Talip Elmasulu sowie Schauspielerin Nina Hoger mit Texten des christlichen Mystikers Meister Eckhart hinzu.
Das Konzert war ein Lehrstück für die Frage, was man für das friedliche Miteinander der Religionen braucht. Der Kern der gemeinsam zelebrierten Musik fußte auf Respekt, Neugier auf und unbändige Freude über die kreativen Wurzeln der Künstlerkollegen und das intensive Hinhören auf den Herzschlag der anderen Kulturen.
In einem gesungenen Sufi-Text hieß es: "Lass unseren Atem gleich werden", das ist dem Ensemble überzeugend, authentisch und bewegend gelungen. Zwischen der Klezmermusik, die als "Musik der Seele" mal himmelhoch jauchzend, mal klagend erklang, beschäftigten die eindringlich vorgetragenen christlichen Texte den Geist.
Höhepunkt war der Auftritt des Derwischs, der in seiner schlichten Drehbewegung Ruhe und Präsenz ausstrahlte. Er tanzte zunächst mit über der Brust verschränkten Armen, die sich mit zunehmendem Schwung öffneten, eine Hand nach oben gewendet zum Empfang spiritueller Kraft, eine Hand nach vorn gedreht, um diese Kraft weiter zu geben.
Das weit schwingende rote Gewand gab dem Tanz Leichtigkeit, der Gesichtsausdruck des Tänzers verriet tiefen Frieden, ganz im Sinne der drei Gebote im Sufismus: Liebe Gott, deine Mitmenschen und die Natur.
Und so schufen Musik, Tanz und Lesung einen mitreißenden, neuen Kosmos, in dem Gegensätze verschmelzen konnten, ohne einander zu vereinnahmen und in dem Vorurteile keinen Raum hatten. Besonders eindrücklich war dies im letzten Stück "Shalom" zu spüren, in dem eine jüdische und eine moslemische Melodie ineinander flossen.
Das Publikum reagierte geradezu euphorisch und wirkte wenig geneigt, diesen Hafen des friedlichen Miteinanders zu verlassen. Auch die Künstler zeigten sich bewegt, und aus Nina Hoger brach es spontan heraus: "Seht ihr, es geht doch!"
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