Jenseits von Raum und Zeit
Orgelkonzert zum Ewigkeitssonntag mit Werken von J.S. Bach und F. Mendelssohn-Bartholdy
(Bericht der HNA vom 23. November 05 - Nicola Uphoff-Watschong)
Ein ungewöhnlicher, musikalischer Abend am Ewigkeitssonntag stellte die Orgel der Klosterkirche in den Mittelpunkt. Die Besucher zeigten sich erstaunt über die Ausdrucksvielfalt des renovierungsbedürftigen Instruments. Natürlich spielt die von der Firma Euler geschaffene Orgel seit ihrem Bau in der Zeit der Romantik eine Rolle in den Gottesdiensten, und ihr Klang ist den Kirchgängern der Gemeinde vertraut. Konzertant ist die Orgel aber erst wieder zu hören, seit Kantorin Elisabeth Artelt im April dieses Jahres ihr Amt als Kirchenmusikerin in Lippoldsberg angetreten hat.
Stimmungsvolles Licht zum Orgelkonzert am Ewigkeitssonntag
im Kirchenschiff der Klosterkirche
Leise und verhalten, wie durch eine geschlossene Tür, begann die Kantorin den Abend mit einem Choral J.S. Bachs, den er auf seinem Sterbebett komponierte. Der Begriff Ewigkeit gilt heute wie früher als "Donnerwort", als unfassbarer, schwer zugänglicher Zeitbegriff. Doch die Kompositionen Johann Sebastian Bachs öffneten für Momente die Pforten zu einer Welt jenseits von Raum und Zeit. Hier könne man Ewigkeit auch als eine besondere Qualität des Lebens verstehen, so Pfarrer Christian Trappe in einer kurzen Ansprache.
Johann Sebastian Bach
Dem zaghaften Anklopfen an die Himmelstür folgten Präludien und weitere Choräle Bachs, die sich tief mit der Thematik von Tod und Ewigkeit auseinander setzen. Dem musikalischen Laien waren diese Werke wenig vertraut, manchem werden eingängige Melodien gefehlt haben. Wer sich aber auf die Klangfarben und Bilder der Musik einlassen konnte, mag für Augenblicke eine Ahnung vom strahlenden Wesen der Ewigkeit erspürt haben.
Zuvor erduldeter Schmerz und aufbrausende Klage wurden auch von Felix Mendelssohn-Bartholdy in einer Sonate über den Choral "Vater unser im Himmelreich" verarbeitet. An einigen Stellen führte die Melodie bis in nahezu unhörbare düstere Tiefen. Doch hier, wie auch bei Bachs Choral "An den Wasserflüssen Babylon", blitzten immer wieder hohe, nadelspitze Töne auf, wie Lichtstrahlen in dem Klangteppich von lang anhaltenden Basstönen und flirrenden Trillern.
F. Mendelssohn-Bartholdy
Dabei verlor sich die Musikerin aber nicht in der Falle, in die viele moderne Interpreten klassischer Musik tappen. Sie widerstand dem Trend, atemberaubende Geschwindigkeit im Spiel zu beweisen und legte dafür spürbar Wert auf inhaltliche Deutung und exakte Ausführung. Elisabeth Artelt brachte die Orgel kunstfertig zum Klingen, berichtete aber im Anschluss auch von der Kraftprobe, die ein einstündiges Solokonzert auf den ausgesprochen schwergängigen Tasten bedeute. Es ist ein großer Verdienst der jungen Kirchenmusikerin, dass diese Anstrengung im Kirchenschiff in keiner Weise hörbar wurde.
Lichtspiele über der Orgel zogen den Blick der Zuhörer an,
das Gesicht der Kantorin Elisabeth Artelt ließ sich nur erahnen,
sie blieb hinter der Orgel verborgen.
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