Im Spiegel Jesu das eigene Leben entdecken
Passionskonzert warb für die "Kunst des Lebens"
(Bericht der HNA vom 6. April 10 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. "Ave Verum corpus - Sei gegrüßt, Leib." Diese Worte rahmten in Vertonungen von William Byrd, Edward Eglar und Mozart am Karfreitag das Passionskonzert in der Klosterkirche ein.
In der Begrüßung verdeutlichte Pfarrer Trappe das Anliegen der dargebotenen Musik: Nicht neugierig und zugleich distanziert in der Ferne stehen, sondern wach hinschauen und hinhören auf das Geschehen am Kreuz, leibhaftig beteiligt sein und im Leben und Tod zum Spiegel Jesu werden.
In der Musik wurde unmittelbar spürbar, dass aus dem bewussten Umgang mit dem Tod auch die Kunst des Lebens entspringt. Das Programm des Konzerts war deshalb auch keineswegs durchgehend düster.
Von der Orgel waren zwei Bachwerke aus der "Kunst der Fuge" zu hören, hervorragend gespielt von Kirchenmusikdirektor Klaus Dieter Kern. Sie ließen Raum zum Nachdenken und zeigten gewissermaßen musikalische Wege zwischen Leben und Tod auf.
Auch die Kantate "Die Zeit meines Abschieds ist vorhanden" von Nicolaus Bruhns verfolgte diese Kunst der richtigen Bereitung auf den Tod, ein uns fremder Gedanke, der vom barocken Komponisten im ersten Teil erstaunlich modern umgesetzt war.
© Nicola Uphoff-Watschong
Mit großem Einfühlungsvermögen folgten die Sänger und Sängerinnen der Kantorei der Dynamik und den tief gläubigen Worten, die Paulus an Thimotheus schrieb. "Ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten." Durch die ausgewogene Stimmbesetzung im Chor, die schwierigen, aber perfekten Einsätze, weich fließenden Kolloraturen und die feinfühlige instrumentale Begleitung wurde diese wenig bekannte Kantate zu einem berührenden Hörerlebnis.
Das Wilhelmshavener Streicherensemble unter Leitung von Konzertmeister Matthias Hengelbrock brachte zudem noch zwei große Werke von Richard Mudge und Händel zu Gehör. Leichtfüßig, fast tänzerisch interpretierten die Streicher die beiden Orchesterwerke. Auch wer sich in den vergangenen Jahren schon von der hohen Qualität des Ensembles begeistern ließ, stellte in diesem Konzert fest, dass es immer noch eine Steigerung gibt. Neben der technischen Perfektion sind der Schwung, die stille Kommunikation unter den Musikern und der gradlinige Aufführungstil ein Hochgenuss.
© Nicola Uphoff-Watschong
Kantorin Elisabeth Artelt (Konzert- und Chorleitung) hat mit einem feinen Gespür für das "Besondere" bewiesen, dass man auch fern der großen Städte Klassik auf allerhöchstem Niveau genießen kann. Am Ende des Konzerts wurde um Stille gebeten, doch innerlich hat sicher jeder die außergewöhnliche Leistung aller Beteiligten gewürdigt.
Programm
Ave Verum
Die älteste Aufzeichnung des lateinischen Reimgebets stammt aus Genua um 1294. Bereits im Mittelalter war der Text weit verbreitet. Das Gebet handelt von der leiblichen Gegenwart Christi beim Abendmahl, es hat seinen Platz an Fronleichnam und beim letzten Abendmahl am Gründonnerstag und endet mit der Bitte: Sei uns ein Vorbild in der Prüfung des Todes.
Im Passionskonzert erklingen drei Vertonungen aus der Renaissancezeit, der Klassik und der Romantik.
"Die Zeit meines Abschieds ist vorhanden"
Diese Kantate ist eine von 12 erhaltenen Kantaten aus der Feder von N. Bruhns. Neben vier weiteren vollständigen Orgelwerken gilt seine Musik als verschollen.
Auch sein Werdegang ist nur bruchstückhaft überliefert. Bruhns lernte in Lübeck bei D. Buxtehude das Orgelspiel und die Komposition, wirkte acht Jahre an der Husumer Stadtkirche und verstarb dort im Alter von 32 Jahren an der Schwindsucht.
"Die Kunst der Fuge"
Dieses Orgelwerk von J. S. Bach gehört zu den größten Schöpfungen des menschlichen Geistes. Das Werk besteht aus 14 Fugen und 4 Kanons: die Arbeit daran zog sich über eineinhalb Jahrzehnte bis in die letzten Lebensjahre hin, Bach verstarb über dem letzten Teil.
Die Fugen sind mit dem allgemeinen Begriff "Contrapunctus" überschrieben. Nr. X ist eine Doppelfuge mit zwei, Nr. XI eine eine Tripelfuge mit drei Themen.
Orchesterwerke
Zwei Concerti grossi der Zeitgenossen R. Mudge und G.F. Händel stehen auf dem Programm.
Das englische Musikleben des 18. Jahrhunderts ist im öffentlichen Bewusstsein vor allem durch den Komponisten Georg Friedrich Händel präsent. Händel und Mudge kannten sich gut und hatten für ihre Werke den gleichen Verleger.
Mudge studierte zunächst Musik, wechselte dann jedoch zur Theologie und wurde Pfarrer. Die Theologie blieb seine erste Lebensaufgabe, dicht gefolgt jedoch von seiner ungebrochenen Leidenschaft fürs Komponieren.
Zwar spricht aus beiden Komponisten der gleiche Zeitgeist, doch gelingt es Mudge eine ganz eigene Tonsprache zu schaffen, die eine Spur lieblicher und galanter ist als bei Händel.
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