Sternenreise
Im Raumschiff in die Kirche und zurück
(Bericht der HNA vom 24. April 04)
"Die Reise ist zu Ende, das Raumschiff ist gelandet." Mit diesen Worten holte Pfarrer Christian Trappe am Himmelfahrtsabend die Besucher des Konzertes Sternenreise wieder in die Wirklichkeit zurück. Zuvor waren sie mit dem Organisten und Kreiskantor Dirk Wischerhoff und dem Percussionisten Olaf Pyras auf eine musikalische Reise gegangen und hatten sich gemeinsam in den Nachthimmel geträumt.
Olaf Pyras
Zu hören war an diesem Abend sowohl Musik alter als auch moderner Komponisten. Im Mittelpunkt stand das Stück "Waves" von Per Norgard, das von Pyras in eindrucksvoller Weise gespielt wurde. Auf allen Teilen des Schlagzeuges wurde musiziert und man konnte das Rauschen und Auf und Ab der Wellen förmlich spüren.
Aus dem Stück "Tierkreis" von Karlheinz Stockhausen wurden die Tierkreiszeichen Löwe, Waage, Wassermann und Jungfrau von Wischerhoff und Pyras gemeinsam dargeboten. Das Zusammenspiel der beiden Musiker war bei diesen modernen Stücken besonders auffällig.
Umrahmt wurden diese beiden Stücke vom "Ave Marias Stella" und "Toccata e cansona" von Girolamo Frescobaldi sowie dem Stück "Lux aeterna" von Joonas Kokkonen, bei denen Wischerhoff zum Teil leise, zarte aber auch kraftvolle, laute Klänge auf der Orgel erzeugte und dabei das gesamte Potential des Instruments nutzte.
Zur Vertiefung des Themas Sternenreise ergänzte Pfarrer Trappe das Konzert mit Texten zu den Sternen und dem Weltall. Zusätzlich wurden alte und neue Bilder zu Sternen in den dunklen Chorraum der Klosterkirche projiziert.
Texte und Bilder
Abraham unterm Sternenhimmel
Am Anfang war das Staunen. Als die Nächte noch dunkel waren, und die Menschen zur Untätigkeit verdammt, zum Lauschen in die Dunkelheit. Als das einzige Fernsehen der gestirnte Himmel war, da konnten die Menschen noch staunen. Und das Staunen war ein Schaudern angesichts der unerreichbaren Weite des Raums.
Aber die Menschen des Zweistromlands, aus dem Urschlamm unserer Zivilisation, irgendwann im 4.Jahrtausend v.Chr. in den Himmel schauten, entdeckten nicht nur Beunruhigendes und Rätselhaftes. Sie erkannten auch feste Ordnungen, Gesetzmäßigkeiten, die verlässlicher waren, als alles auf der Erde.
Ekliptik
Da waren Lichter an der Feste des Himmels: ein großes Licht, das den Tag regiert, und ein kleines Licht, das die Nacht regiert, dazu auch die Sterne, die uns geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre.
Planetenkreise
Man entdeckte, dass nicht alle Sterne gleich waren. Da gab es Sterne, die sich durch das sonst unveränderliche Sterngefüge bewegen. Man nannte sie: Planeten, die Wanderer.
Engel mit Ekliptik
Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn (Uranus, Neptun, Pluto) Sie alle bewegen sich auf ein und derselben Bahn durch den Himmel, Um sich auf dieser Bahn, die "Ekliptik" genannt wird, besser zurechtzufinden, teilte man sie in Abschnitte ein, wobei man sich an den umgebenden Sternkonstellationen, den Sternbildern, orientierte.
Dabei bemerkte man, das auch der übrige Himmel keineswegs feststeht. Zwar verändern sich nicht die Fixsterne nicht in ihrem Verhältnis zueinander, aber das Himmelsgefüge dreht sich als Ganzes langsam über uns hinweg. So sind im Winter andere Sternbilder zu sehen als im Sommer. Doch nachdem in Jahreslauf das Band der Ekliptik 12 Sternbilder durchlaufen hat, wiederholt sich der Reigen von neuem.
Ekliptik als Sternbildband
Durch die Beobachtung des Himmels wurde das Jahr als Kreislauf erkennbar und darstellbar an den 12 Sternzeichen des Tierkreises. Man lernte nun am Himmel abzulesen, in welcher Jahreszeit man sich befand, und vorauszusagen, wann die Zeit zu Saat und Ernte gekommen war. Der Blick in den Himmel machte das Leben auf der Erde berechenbar.
Denn der Tierkreis mit seiner festen Folge von Monaten machte bewusst, dass nicht aufhören würde der Wechsel von "Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht".
Sternbild
Wir wissen heute sehr viel mehr als die babylonischen Sterngucker zu Abrahams Zeiten: Wir wissen zum Beispiel, dass alle Sterne, die wir am Himmel sehen, Sonnen sind. Selbstleuchtende, feurige Gasbälle wie unsere Sonne auch. Unsere Vorstellungen vom All sind seither ins Unermessliche gewachsen:
Galaxie
Wir wissen:
Unser Sonnensystem bildet mit etwa 100 Milliarden anderer Sonnen eine Galaxie: Sie ist als Band der Milchstraße am Abendhimmel zu sehen. Von außen betrachtet, erscheint eine solche Galaxie als spiralförmige, in sich kreisende Struktur. Jeder einzelne Lichtpunkt - ist ein Stern wie unsere Sonne.
Galaxien
Außer unserer Milchstraßen-Galaxie gibt es noch viele Milliarden anderer solcher Welteninseln. Es gibt also 100 Milliarden mal Milliarden Sonnen im Universum.
Sternennebel
Das Seltsame ist:
Je mehr wir über die Struktur des Kosmos in seinen unfassbaren Dimensionen erfahren, desto verlorener fühlen wir uns auch, desto sinnloser erscheint einem alles. Wenn schon unser Planet Erde nichts weiter ist als ein x-beliebiges Staubkörnchen, was sind dann erst wir selbst, die wir auf diesem Staubkörnchen herumirren!
Normalerweise halten wir die Erde für die Welt. Wir bewohnen die Welt, also sind wir die Welt. Die Naturwissenschaft aber gibt uns in brutaler Direktheit zu verstehen: Du bist gar nichts Besonderes, Mensch! Mitsamt deinem recht hübschen Planetlein bist du, kosmisch betrachtet, absolut unbedeutend. Dar alte Schauder kehrt zurück.
Worte aus dem Buch Hiob:
Gott allein hat den Himmel ausgebreitet. Er macht den Wagen am Himmel und den Orion und das Siebengestirn und die Sterne des Südens. Er tut große Dinge, die nicht zu erforschen sind, und Wunder, die niemand zu zählen vermag (nach Hi 9, 8-10).Oder kannst du die Bande des Siebengestirns zusammenbinden oder den Gürtel des Orion auflösen? Kannst du die Sterne des Tierkreises aufgehen lassen zur rechten Zeit oder die Bärin samt ihren Jungen heraufführen? Weißt du alle Ordnungen des Himmels und bestimmst seine Herrschaft über die Erde? nach (Hi 38, 31-33)
Der rein wissenschaftliche Blick in den Himmel reicht nicht. Er hat noch nie gereicht und reicht auch heute nicht.
Der Himmel diente immer als Projektionsfläche menschlicher Traumbilder, als mythologische Bühne, als Fernsehschirm der Phantasie. Vielleicht liegt das daran, dass im Dunkel der Nacht nicht nur die ferne Welt der Sterne, sondern auch unsere innerste Gefühlswelt hervortritt.
Die babylonischen Astrologen haben am Himmel überall Abbilder menschlicher Charaktereigenschaften gesehen: Der Mars für das Kriegerische, die Venus für die Liebe ...
Die Griechen haben ihre Sagengestalten am Himmel verewigt, indem sie einzelne Sterne oder Sternbilder nach ihnen benannten, Castor und Polux, oder den Jäger Orion.
Und wir Christen sehen am Himmel die Kräfte Gottes walten, dieselben Kräfte, die auch uns hervorgebracht haben und deren Wesen wir in der Gestalt Jesu am deutlichsten erkannt haben.
Im Konzert der Wahrheiten wird auch diese religiöse Sicht bedeutsam bleiben. Die Vorstellungen von Gott werden uns nicht helfen, zum Mars zu fliegen. Aber sie können uns helfen, die Schöpfung nicht nur als Objekt zu betrachten, sondern als ein lebenserfülltes Geheimnis zu achten.
Aus den "cantico cosmico" von Ernesto Cardenal
aus dem 17. Gesang: Reisen in der Nacht
Der Himmel war ganz schwarz, mit allen seinen Sternen, und ich, der ich sie sehe, mitten auf dem See in einem alten Boot - der »Maria Danela« -, im Bug auf ein paar Säcken Reis liegend,
ich denke an die riesigen Welten über uns. Das Himmelreich, das Lichtjahre ausstrahlt. (».. .das euch vom Anbeginn der Welt bereitet war«). So weit entfernt in Raum und Zeit, Welten, die nur als Licht zu uns kommen.
Ich sehe von der »Maria Danela«
und dem dunklen Wasser Nicaraguas aus
all diese leuchtenden Welten,
die Gesellschaft der Sterne um uns herum.
Eine einzige Galaxis...
(wenn die Welt ein Reiskorn wäre,
dann wäre die Galaxis wie die Umlaufbahn des Jupiter).
Doch ist der Mittelpunkt der Milchstraße kein größrer Stern,
sondern eine Ansammlung von Sternen
(dort im Sternbild des Schützen).
und die Sterne der Galaxis Hand in Hand,
wie eine Gruppe Tänzer um ein Feuer.
Mitternacht, in einem Kahn, mitten auf dem See,
zwischen San Miguelito und Granada.
Noch sieht man nicht die Lichter von Granada,
und nicht mehr die Lichtlein von San Miguelito.
Nur die Sterne
(der Mast zeigt auf den Großen Bären),
und den Mond, der über Chontales aufgeht.
Ein anderer Kahn kommt uns entgegen (ein rotes Lichtchen),
und verschwindet in der Nacht.
Wir für sie
auch nur ein Lichtchen, das die Nacht verschluckt...
Und ich liege an Deck und schaue in die Sterne
zwischen Bananenbüscheln und Käse aus Chontales und denke:
Vielleicht ist einer von ihnen eine Erde ganz wie diese,
und jemand sieht mich von dort an (beim Sternenschaun),
von einem anderen Kahn in anderer Nacht
mitten auf einem anderen See.
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