Rhythmus fängt mit Husten an
Duo Resonanz führte den menschlichen Körper als Instrument vor
(Bericht der HNA vom 19. Mai 09 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Wussten Sie, dass Sie morgens beim Zähnepusten unversehens zum Rhythmusspezialisten werden? Oder dass Mann beim Auftragen von Rasierwasser mit den klopfenden Bewegungen seine Tauglichkeit als Backen-Schlagzeuger beweist? Sogar der banale Husten in den Zuhörerreihen eines Konzertes trägt unbeabsichtigt rhythmische Elemente bei.
Das Duo Resonanz mit Joss Turnbull (links) und Thorsten Gellings (rechts)
überraschte in der Klosterkirche Lippoldsberg die ca. 50 Zuhörer mit
ungewöhnlichen Klangproduktionen.
© Nicola Uphoff-Watschong (alle Bilder)
Demonstrativ gehustet wurde aber bei der Performance von Joss Turnbull und Thorsten Gellings nur auf der Bühne. Das Publikum verstummte fasziniert in Anbetracht der Vielfalt von Klangkörpern, die in der bunt ausgeleuchteten Nonnenkrypta der Klosterkirche zum Einsatz kamen.
Trommeln aus fernen Ländern, Kesselpauke, Becken, Glocken, Zimbeln, Rasseln, Gongs, Klangschalen, Wasserschalen, Marimba wurden von den beiden jungen Musikern genutzt, um miteinander improvisierend ins Gespräch zu kommen.
Schon zu Beginn wurde deutlich, Klang wird aus der Stille geboren und Musik beginnt mit Wahrnehmen und Hören. Auch das leisteste Geräusch, ein kleines Kratzen auf Holz, lässt sich als Komposition interpretieren, wenn es Resonanz und eine Antwort findet.
Der Phantasie waren bei der Nutzung von Klangkörpern keine Grenzen gesetzt. So erzeugte ein Geigenbogen durch die Luft gepeitschte Töne, auf die Kesselpauke gesprenkelte Wassertropfen ersetzten den Trommelschlägel, eine Keksdose verstärkte und veränderte die Stimme.
Der menschliche Körper mit seinen zahlreichen Hohlräumen ist wohl der vielseitigste Klangerzeuger und Resonanzraum, das belegte ein humorvolles Arrangement für Füße, Hände, Mund und Nebenhöhlen. Jede Bewegung der Musiker erzeugte Geräusche, Hinsetzen, Aufstehen, Kopfkratzen, Füßescharren und Backenklopfen verschmolzen zu einer großartig inszenierten Klangmontage.
Es war verlockend, einfach mitzumachen, sich einzumischen, nicht mehr nur Zuhörer zu sein, doch die rhythmische Tücke lag im Detail. Wer kann schon einen sauberen 5/4 Takt husten? Beide Musiker setzten ihren Körper aber nicht nur als Instrument, sondern mit viel Intensität auch in ausgefeilten Bewegungs-Choreografien ein.
Turnbull und Gellings lassen sich bei jedem Auftritt von neuem auf dieses kommunikative, phantasievolle Wechselspiel ein, das immer auch in direkter Beziehung zum Raum steht, der im Fall der Klosterkirche als grandioser natürlicher Verstärker diente.
Vieles entstand erst im Moment des Spielens, doch die manchmal wilden Rhythmen entglitten nie in ein chaotisches Durcheinander. Dafür sorgen die fundierte Schlagwerker-Ausbildung, die beide mit unterschiedlichen Schwerpunkten absolviert haben, und eine analytische Nachbereitung eines jeden Konzerts anhand von Aufnahmen, wie Thorsten Gellings verriet. So wisse man, was man beim nächsten Mal noch verbessern könne.
[ Aktuell | Kulturtermine Jahresprogramm ]
[ Archiv 2023/2022 | Archiv 2021/2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 ]