Musikalischer Wetterbericht mit dem Wratislavia Kammerorchester
Vivaldis "Vier Jahreszeiten" begeisterten Zuhörer in der Klosterkirche Lippoldsberg
(Bericht der HNA vom 14. September 2010 - Nicola Uphoff-Watschong)
Wahlsburg. Populäre Klassik ist "in" - das spiegelte sich in der großen Besucherresonanz beim Konzert des Wratislavia Kammerorchesters in der Klosterkirche Lippoldsberg. Mit Händels Concerto Grosso d-Moll, Telemanns Don Quichotte-Suite und vor allem Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten" gastierte das 15-köpfige Kammerorchester unter Leitung des Violinsolisten Jan Stanienda.

Als Auftaktkonzert zum "Tag des offenen Denkmals" lockte das weit gereiste und international geachtete Orchester 200 Zuhörer an. Die aus Breslau stammenden, überwiegend sehr jungen Musiker und ihre "Gallionsfigur" nahmen ihr Publikum vom ersten Ton an für sich ein.
Stanienda hatte seine Leute fest im Griff, er wirkte auf den ersten Blick streng und ein wenig rau. Doch wenn er den Bogen auf die Saiten setzte, spielte er mit hinreißender Leichtigkeit und gefühlsstarkem Ausdruck. Auch dem Orchester kann man überragende Virtuosität und Spielfreude bescheinigen. Die erwartungsvolle Stille der Zuhörer zwischen den Sätzen machte deutlich: Hier wurde großartige Musik zelebriert, die die Menschen noch immer begeistern kann, wenn sie so meisterhaft interpretiert wird.

Besonders deutlich wurde dies natürlich bei der facettenreichen Naturbeschreibung der vier Jahrezeiten, mit denen Vivaldi einen lautmalerischen Wetterbericht komponierte. Das Orchester ließ es richtig krachen, es blitzte und rumpelte in der Klosterkirche, so dass man unwillkürlich den Kopf einzog.
Doch dann schwenkte die Stimmung plötzlich - zarte, filigrane Töne flogen zum Dahinschmelzen schön durch den Raum. Die inzwischen vergangene Hitze des Sommers, der lange strenge Winter dieses Jahres kehrte noch einmal musikalisch in die Erinnerung zurück. Vielleicht sind die Vier Jahreszeiten schon selbst so etwas wie ein klangvolles Denkmal, das bewahrt, was uns früh oder später verloren geht. Auf jeden Fall ist es aber ein großes Werk aus einer Zeit, in dem jede Jahreszeit noch ihre Eigenheit und eine Schönheit hatte, die nicht dem Klimawandel unterlag.

Dem Wratislavia Kammerorchester gelang eine Aufführung, die am Ende die Zuhörer mit nicht endenden Ovationen aufspringen ließ, noch bevor der letzte Ton verklungen war. Dass ein solches Konzert überhaupt möglich war, ist der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Kasseler Sparkasse zu verdanken, die die Veranstaltung großzügig unterstützten.
Über das Wratislavia Kammerorchester
Das Wratislavia Kammerorchester zählt zu den bekanntesten Orchestern Polens. Das Breslauer Orchester spielt Musik von der Barockzeit bis in die Gegenwart. Es hat sich durch Uraufführungen der gegenwärtigen Werke polnischer Komponisten sowie durch Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, Auftritte im Ausland und bei den Olympischen Spielen in Atlanta einen großen Bekanntheitsgrad erworben.
Jan Stanienda ist der Solist und gleichzeitig Dirigent des Abends. Er blickt auf eine weitreichende internationale Karriere zurück, konzertierte u.a. mit Sir Yehudi Menuhin und Maurice André und trat in der New Yorker Carnegie Hall, der Berliner Philharmonie und dem Concertgebouw in Amsterdam auf. Jan Stanienda spielt ein " Joseph Guanerius cremona" Violine.
[ Aktuell | Kulturtermine Jahresprogramm ]
[ Archiv 2023/2022 | Archiv 2021/2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 ]