Drei Gelehrte - vier Meinungen
Augenzwinkernde jüdische Weisheiten und Musik
(Bericht der HNA vom 6. Oktober 09 - Nicola Uphoff-Watschong)
Lippoldsberg. Schmunzelnd lauschten über 50 Zuhörer dem hintergründigen Humor jüdischer Philosophie, die Esther Lorenz anhand einiger berühmter "Rabbigeschichten" in der Klosterkirche vorstellte. Eine ruhige, freundliche Sicht des Lebens und verblüffend schlichte Pointen sind diesen kurzen Erzählungen zu Eigen.
So antwortete Rabbi Chaim Meir Jechiel auf die schwierige Frage, wie denn eine Seele aussehe: "Hast du einmal die Glaskristalle einer Hängelampe beobachtet, wie sich das Licht darin in bunten Farben bricht? So sieht eine Seele aus!"
Gerne nehmen diese Geschichten auch die eigenen Gebräuche aufs Korn, z.B. die große Freude am Diskutieren, so dass am Ende die Zahl der Meinungen die der Gelehrten übertrifft.
Im musikalischen Teil folgte das Publikum gebannt der klaren, beweglichen Stimme der Sängerin, die von Peter Kuhz meisterhaft und einfühlsam auf der klassischen Gitarre begleitet wurde. Bekannte Melodien wie das durch den britischen Sänger Donovan berühmt gewordene "Donna Donna" wechselten mit fremdländisch klingenden Weisen längst vergangener Zeiten.
Besonders faszinierend waren unbegleitete Gesänge syrischen oder sefardischen (jüdisch-spanischen) Ursprungs, so wie sie seit Jahrtausenden traditionell überliefert werden. Könige und schöne Frauen wurden ebenso besungen wie die Größe Gottes, mit dem sich das israelische Volk auf besondere Weise verbunden fühlt.
Dieser starken Beziehung entsprang das wohl erste umfassende "Songbook" der Welt. Das Buch der Psalmen hat mit seinen emotionalen und tiefreligiösen Texten bis heute große Bedeutung auch in unseren Gottesdiensten behalten. Doch statt sie, wie bei uns üblich, zu sprechen oder gregorianisch verfremdet zu singen, ließ Esther Lorenz in den mit vielen Verzierungen gesungenen Melodien die jüdische Seele lebendig werden.
Die Lieder erzählten von tiefer Schwermut, aber auch von pulsierender Lebensfreude des so oft vertriebenen oder flüchtenden Volkes. Vertieft wurden diese Eindrücke durch Auszüge aus der jüdischen Geschichte und dem Leben der Juden in Europa, die Esther Lorenz mit viel Sachkenntnis vermittelte.
Peter Kuhz steuerte zwischen den Gesangstiteln, die so klangvolle Namen wie "Sisu Et Yerushalayim" oder "Ba'a Menucha" trugen, leichtfingrig eigene Bearbeitungen alter Psalmmelodien für Solo-Gitarre bei.
Passend zum Tag der Deutschen Einheit klang der Abend ruhig aus mit einem Psalmlied König Davids, das viele mitsummten: "Hine matov uma naim" zu deutsch "Wie schön ist es, wenn Brüder zusammen leben".
Zur Person
Esther Lorenz studierte klassischen Gesang in ihrer Heimatstadt Berlin und erweiterte ihr Repertoire durch Studien im Bereich Jazz-Gesang und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Big-Bands und Combos (u.a. der hr-Big-Band). Außerdem erhielt sie Unterricht bei Knut Sommer (Hochschule der Künste/Deutsche Oper Berlin) im Fach Dramaturgie und Schauspiel.
Esther Lorenz' Repertoire umfasst hebräische und sefardische Lieder, Bossa Nova, Bolero Cubano, Jazz Balladen, Swing der zwanziger bis fünfziger Jahre, Lieder von George Gershwin sowie französische, italienische, irische und schottische Chansons und Folksongs.
Peter Kuhz, gebürtiger Berliner, lernte klassische Gitarre. Später kamen intensive Studien anderer Stil- und Spielarten hinzu. Insbesondere sind hier der Jazz und die brasilianische Musik zu nennen. Neben der Begleitung von Vokalisten spielt er brasilianische Musik, Jazz und Klassik in Duo-Formationen, kleinen Ensembles und außerdem ein Solo-Programm mit brasilianischer Gitarrenmusik.
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