Märchengottesdienst - Tierpark Sababurg 2005
Fundevogel - ein Märchen von Glaube, Liebe, Hoffung
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Märchen sind doch Kinderkram, denken manche Teens. Aber bei genauer Betrachtung geht es viel mehr um Jugendliche als um Kinder.
Fundevogel zum Beispiel, ein weniger bekanntes Märchen der Brüder Grimm, das, von Christian Trappe aufbereitet, am 19. Juni im Mittelpunkt des Märchengottesdienstes stand. Die Geschichte beginnt zwar mit der Kindheit eines Jungen, spitz sich aber erst zu, als er älter wird und typische Konflikte zwischen Generationen auftauchen.
Fundevogel - geraubt und vergessen
Inzwischen ist es schon Tradition, dass die Märchengottesdienste im Tierpark an der Sababurg von Jugendlichen aus dem Ev. Gesamtverband Oberweser mit vorbereitet werden. Sie spielen die Geschichte, die teilweise erzählend fortgesetzt wird. Interpretationen einzelner Abschnitte entschlüsseln den tieferen Sinn der Märchen.
Zurück zu Fundevogel, das Kind, das ein Adler der zeitweise unaufmerksamen Mutter raubt, auf einem hohen Baum absetzt und damit dem Zugriff der Mutter entzieht - Sinnbild der natürlichen, selbständigen Kraft, die ein Kind entwickelt und sich damit dem elterlichen Zugriff nach und nach entwindet.
Das Lenchen
Dann ist da der Förster, der das Kind findet. Er bestimmt, wie Fundevogel aufwachsen soll, nämlich geschützt durch die Freundschaft und Liebe seiner Tochter. Dann überlässt er das Kind der Köchin und zieht sich diskret aus der weiteren Geschichte heraus – Sinnbild eines Gottes, der wohl die Grundlage unseres Lebens schafft, uns dann aber der gegenseitigen Fürsorge überantwortet.
Der böse Plan der Köchin Sanne
Die Köchin, die sich eng verbunden mit Lenchen, des Försters Tochter glaubt, kann sich nicht mit dem Wunsch des Försters arrangieren, dass sich Jugend zu Jugend finden muss. Sie will das Lenchen für sich, will die enge Beziehung nicht verlieren. Sie ersinnt eine Möglichkeit, Fundevogel aus dem Weg zu räumen und Lenchen zurückzugewinnen. Sinnbild für viele Eltern, die sich wünschen, dass ihr Kind nie groß wird, dass alles so bleibt wie es ist. Das unkontrollierbare Eigenleben, dass Jugendliche mehr miteinander als mit ihren Eltern teilen, ist ihnen ein Dorn im Auge, der so schmerzt, dass unüberlegte Reaktionen nicht selten sind.
Die alte Sanne ist blind genug, Lenchens Realität nicht zu sehen, die sie viel enger an Fundevogel bindet als an die Köchin. Sie vertraut Lenchen ihren bösen Plan an, wie sie Fundevogel töten will. In ihrem Kochtopf will sie ihn kochen – grausig!
Doch Fundevogel und das Lenchen lieben einander so sehr, dass sie traurig werden, wenn sie einander nicht sehen. Ihre Liebe wird zur Prüfung und zur Rettung. Denn Lenchen entscheidet sich, ihre Amme zu verraten, um Fundevogel zu retten. Der Zauberspruch, den sie gemeinsam sprechen verwandelt sie in natürliche Bestandteile der Umgebung, so dass die von der Köchin ausgesandten Jäger vergebens nach ihnen suchen.
Rosenstock und Rose
Kirche und Krone
Lenchen: "Verlässt du mich nicht, so verlass ich dich auch nicht."
Fundevogel: "Nun und nimmermehr."
Rosenstock und Rose, Kirche und Krone – wütend verlangt die Köchin, dass die Jäger Rosenstock und Kirche, den Fundevogel, hätten zerstören sollen, Rose und Krone jedoch, das Lenchen, zu ihr bringen. Sie hat sofort die Verwandlungsspiele ihres Ziehkindes durchschaut. So nah waren sie sich immerhin.
Ratlose Jäger
Nichts zu finden ...
Schließlich macht sie sich selbst auf den Weg, erkennt Fundevogel, der sich in einen Teich verwandelt hat, will ihn aussaufen und vernichten. Doch Lenchen in Gestalt einer Ente, die Fundevogel treuer ist als ihrer Ziehmutter, ertränkt die Köchin. Man mag auch dies brutal finden, doch eigentlich ist es nicht Lenchen, die die alte Sanne tötet, sondern deren unersättliche Gier, das Kind an sich zu binden. Ihre eigene Fehleinstellung wird ihr zum Verhängnis.
Die gegenseitige Liebe der Kinder wird zum Sinnbild von Vertrauen, Treue, Zuversicht, eine Liebe, die nicht einengt, die den anderen nicht als Besitz beansprucht, sondern offen bleibt für Veränderung.
Neben dieser lebensnahen Thematik junger Menschen hat das Märchen vom Fundevogel starke biblische Anbindung. Es erzählt mit Bezug auf viele Bibelstellen von Glaube, Liebe, Hoffnung, die zu einer Quelle überirdischer Kraft werden, wo unsere menschliche Kraft nicht versagt.